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Leitfaden für Gutachter

Von Marco Wäldchen - Mindestanforderungen
vom: 09.09.2013

Leitfaden für Gutachter

Man kann umreißen, was in einem Sachverständigengutachten nicht fehlen darf, hinsichtlich der konkreten Ausarbeitung, Ausgestaltung und Abfolge einzelner Punkte gibt es allerdings keine festgeschriebenen Vorgaben, sondern nur Empfehlungen. So zieht es der eine Sachverständige vor, Fotos in den Gutachtentext einzuarbeiten, ein anderer arbeitet lieber mit einem Fotoanhang. Manche Sachverständige bevorzugen es, dem Leser das Ergebnis schon weit vorne im Gutachten anzubieten, andere teilen das Ergebnis hinten im Gutachten mit, nachdem sie sämtliche Feststellungen und deren Gewichtung vorgestellt haben. Es gibt also durchaus Gestaltungsspielräume bei der Schaffung von Sachverständigengutachten. Insofern ist der hier vorgelegte Leitfaden ein Vorschlag, wie man es machen kann.
 

Folgendes muss allerdings von einem Gutachten erwartet werden:
• Das Gutachten muss klar aufgebaut und ohne gravierende Widersprüche sein.
• Es muss Seriosität und ein klar erkennbares Streben nach Objektivität widerspiegeln.
• Das Gutachten muss auch von einem Laien verstanden werden können, in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (Ansonsten Gefahr der Nicht-Verwertbarkeit).
• Es darf weder deutlich noch subtil parteiisch sein (Stichwort: Befangenheit. Gefahr der Nicht-Verwertbarkeit).
• Kommentare, wie Die streitgegenständliche Leistung spottet jeder Beschreibung oder Die Ausführungen des Sachverständigen X stellen nach der Überzeugung des Unterzeichners eine Zumutung dar haben zu unterbleiben. Sofern ein Sachverständiger den Reiz verspürt derartige Formulierungen zu wählen, muss er sich in der Tat selbst fragen, ob er nicht befangen ist.
• Im Gutachten beschriebene Feststellungen und Schlussfolgerungen müssen belastbar sein (Stichwort: Fakten-Check).
• Der Sachverständige hat Wertungen zu unterlassen, die den Juristen vorbehalten sind. Gemeint sind Formulierungen wie beispielsweise Der Schaden war vermeidbar oder Aus Sicht des Unterzeichners war dies geradezu fahrlässig.
• Das Gutachten hat so umfangreich wie nötig und so knapp wie möglich zu sein. In der Ausarbeitung Enthaltenes hat eindeutig dem Erreichen des formulierten Gutachtenziels zu dienen. Nicht zielführende Daten und Inhalte sind auszufiltern, ein Wust von Kopien im Anhang hat zu unterbleiben.
• Im Gutachten enthaltene Fremdleistungen (z. B. Laboruntersuchungen, Vermessungen, Einsatz sonstiger Messtechnik durch dritte.) müssen klar gekennzeichnet sein.
• Im Gutachten verwendete Textpassagen, die nicht dem eigenen Geist entsprungen sind, müssen korrekt als Zitate gekennzeichnet sein.
• Vermutungen sind zu vermeiden. Sofern eine Vermutung nicht zu umgehen ist, muss sie als solche kenntlich gemacht werden und ist zu begründen, weshalb sie angestellt wurde.
• Ein Gutachten enthält keine Anrede, wie etwa Sehr geehrte Damen und Herren.
• In einem Gutachten bezeichnet man sich selbst als Unterzeichner. Das klingt ein wenig antiquiert, hat aber Gründe. Einerseits soll dieser distanzierte Sprachgebrauch in Richtung des Gutachtenverfassers selbst wirken und ihm helfen Subjektives zu vermeiden. Andererseits wird dem Leser verdeutlicht, dass es sich um ein Werk handelt, welches nach Objektivität und Neutralität strebt. Ob es dieses Sprachgebrauchs wirklich bedarf, darf durchaus hinterfragt werden.
 

Mögliche Gliederungsform eines Gutachtens
Seitennummerierung aktivieren.
 

0   Deckblatt
0.1 Angabe, dass es sich um ein Gutachten handelt.
0.2 Kurze Bezeichnung (nicht Beschreibung) des Objekts.
0.3 Gegebenenfalls Angabe eines Akten-/Geschäftszeichens
0.4 Sofern mehrere Ausfertigungen ausgedruckt werden sollen, Angabe, um welche Ausfertigung von X Ausfertigungen es sich handelt.
0.5 Das Deckblatt darf durchaus mit einem Foto aufgewertet werden, beispielsweise eine Gesamtansicht des untersuchungsgegenständlichen Objekts.
 

1   Inhaltsverzeichnis
Ein Inhaltsverzeichnis sollte dann verfasst werden, wenn es sich um ein umfangreiches Gutachten handelt. Bei einem Gutachten mit geringerem Umfang ist ein Inhaltsverzeichnis entbehrlich, ja, es wirkt in solchen Fällen sogar lächerlich oder als Seitenfüllerei.
 

2   Auftraggeber
Wer genau hat den Auftrag erteilt? Wann wurde der Auftrag erteilt? Gegebenenfalls Aktenzeichen angeben.
 

3   Anlass für die Beauftragung des Unterzeichners/der Unterzeichnerin
Sofern man überhaupt Kenntnis darüber hat, kann es sinnvoll sein kurz auf die Hintergründe einzugehen, die zu der Beauftragung geführt haben. Z. B. Ein extremes Wetterereignis hatte Schäden am in Rede stehenden Objekt verursacht, wodurch die zu klärende Frage nach der Verkehrssicherheit im Raum steht ….. oder ….  Ein Nachbar des Auftraggebers ist besorgt und stellt die Standsicherheit eines Baumes in Frage ….
 

4   Ziel des Gutachtens
Genaue Beschreibung, welche Fragen durch den Sachverständigen beantwortet werden sollen bzw. welche Problematik der Sachverständige klären soll. Jede Frage separat aufführen. Was hier aufgeführt wird, muss beim Ortstermin und im Gutachten abgearbeitet werden.
 

5   Ortstermin
5.1         Wann wurde der Ortstermin durchgeführt?
5.2         Wer hat am Ortstermin teilgenommen?
5.3         Wie waren die Wetterbedingungen?
5.4         Besondere Vorkommnisse während des Ortstermins benennen.
Zusätzlich kann eine erklärende Bemerkung aufgenommen werden, wie Es wurden zahlreiche Photographien angefertigt, die zum Teil ins Gutachten eingearbeitet wurden.
Es ist sehr hilfreich vor Ort viele Fotos gemacht zu haben, aus allen möglichen Perspektiven. Damit man später nicht unsicher ist, welche Perspektive man jeweils eingenommen hatte, kann man mit Markierungen arbeiten.
 

6   Zur Verfügung gestellte/verwendete Unterlagen
6.1         Akten?
6.2         Schriftsätze?
6.3         Behördliche Stellungnahmen?
6.4         Pläne?
6.5         Katasterauszüge?
6.6         Fotos?
6.7         Ausschreibungstexte?
6.8         Verträge?
6.9         Normen, Vorschriften, Regelwerke? Genauere Angaben dazu, wie die Bezugsquellen, in den Literaturangaben aufführen.
 

7   Zur Gesamtsituation
Meint, ein kurzer, allgemein gehaltener Abriss über die Gesamtsituation in der sich das untersuchungsgegenständliche Objekt befindet und welche Funktion(en) es hat.. Allerdings keine Wiederholung von Punkten, die bereits unter Punkt 3 angesprochen wurden und kein Vorgriff auf Punkte, die später bei den Feststellungen angesprochen werden sollen. Der Punkt Zur Gesamtsituation kann für den Leser hilfreich sein, um leichter in das Werk hineinzufinden. Allerdings, sofern er entbehrlich ist, lässt man ihn raus.
 

8   Plan/Lageskizze
Jedoch nur dann, wenn dies wirklich erforderlich ist.
 

9   Erfordernisse der Verkehrssicherungspflichten
Im Falle von Gutachten, beispielsweise zur Stand- und Bruchsicherheit von Bäumen ist dies in der Regel ein wichtiger, abzuhandelnder Punkt. Hier geht es nicht um den Versuch einer juristischen Würdigung (denn das wäre ein Kardinalfehler), sondern um eine Einstufung auf fachlicher Basis. Bei Bäumen bietet sich hier der so genannte Rote Faden, von Frau Ass. jur. Helge Breloer …, an, siehe www.baeumeundrecht.de. Mittels dieses Schlüssels und der gebotenen Sorgfalt lässt sich die Situation am in Rede stehenden Standort hinreichend zutreffend einschätzen.
 

10   Untersuchungssystematik, wichtige Aspekte und Kriterien
Manche verwenden hier den Begriff Methodik. Unter diesem Punkt ist darzustellen, wie man bei der Untersuchung/Bearbeitung vorgegangen ist, wie man sich dem Ziel des Gutachtens genähert hat und was für den Leser zu wissen wichtig ist. Hat man eine selbst entwickelte Systematik/Methodik angewandt, so ist diese hier zu beschreiben. Gleiches gilt, sofern man eine Systematik/Methodik oder einen Bewertungsschlüssel angewandt hat, die/der nicht von einem selbst stammt. Die Erklärung und Beschreibung hat der Sachverständige mit eigenen Formulierungen vorzunehmen, nicht indem er hier in umfangreicher Weise mit eingescannten Auszügen aus fremden Texten arbeitet oder gar der Leser auf Quellen verwiesen wird, die er sich erarbeiten muss. Sollte eine genannte Methode nicht konsequent angewendet oder kombiniert worden sein, muss dies zum Ausdruck gebracht werden.
 

11   Feststellungen
Diese Überschrift ist selbst erklärend. In diesem Abschnitt führt der Sachverständige sämtliche von ihm getroffenen Feststellungen auf und erläutert deren Bedeutung für die zu beantwortende(n) Frage(n). Dokumentierende/belegende Fotos (Wie Frau Breloer schon feststellte, müssen eingearbeitete Fotos einen hohen Aussagewert haben.), Messdaten und Messprotokolle dürfen hier oder in einem Anhang eingearbeitet werden. Für den Leser ist es in der Regel angenehmer, wenn diese Dinge direkt eingearbeitet werden, weil er dann nicht immer wieder in den Anhang blättern muss.
Hat der Sachverständige ein Messverfahren zur Anwendung gebracht, ist dessen Funktionsweise mit eigenen Worten zu erklären, einschließlich möglicher Fehlerquoten und physikalischer Begrenzungen des Verfahrens.
Ausschweifende, allgemeine Wissensausführungen haben zu unterbleiben. Im Falle von Baumgutachten meint dies beispielsweise komplette Exkurse über eine Baumart oder eine allzu umfängliche Beschreibung, was ein holzzersetzender Pilz im Allgemeinen alles bewirken kann oder Hinweise darauf, was die in Rede stehende Baumart im Idealfall für ein Wurzelwerk ausbildet. Die Ausführungen müssen eng am Gutachtenziel orientiert sein.
Der Sachverständige muss seine konkreten Feststellungen machen, Daten erheben, diese einstufen und präsentieren. Bereits vorliegende Feststellungen darf der Sachverständige nicht ungeprüft übernehmen.
Sofern die Feststellungen nicht ausreichen, um die aufgeworfenen Fragen hinreichend genau und sicher zu beantworten, stellt auch dies ein Arbeitsergebnis dar. Dies muss dem Sachverständigen nicht unangenehm sein.
 

12   Fremdleistungen
Sofern bei der Erarbeitung des Gutachtens Fremdleistungen (Vermessungsleistungen, Laboruntersuchungen, Einsatz messtechnischer Verfahren, Hinzuziehung eines anderen, spezialisierten Sachverständigen) einbezogen werden mussten, sind diese eindeutig kenntlich zu machen. Die Ergebnisse, Funktionsweisen von Verfahren und Messtechnik, sowie deren Grenzen müssen auch für den Laien verständlich und nachvollziehbar dargestellt werden.
 

13   Zusammenfassung
Sofern nicht nur eigene Feststellungen getroffen wurden, sondern auch Fremdleistungen in Anspruch genommen wurden, findet an dieser Stelle eine Zusammenführung statt, die mit einer Gesamtaussage abgeschlossen wird, ohne dem nachfolgenden Abschnitt vorzugreifen.
 

14   Beantwortung der unter Ziel des Gutachtens formulierten Fragen
Hier ist jede Frage detailliert zu beantworten, unter Bezugnahme auf die getroffenen Feststellungen.
 

15   Erforderliche Maßnahmen
Benennung und Beschreibung gegebenenfalls erforderlicher Maßnahmen. Dabei ist auch anzugeben bis wann die Arbeiten aus Sicht des Sachverständigen ausgeführt sein müssen.
Im Bereich des Gartenbaus, der Gartendenkmalpflege, der Landschaftspflege und der Baumpflege haben wir unmittelbar Berührung mit den Belangen des Artenschutzes, also dem Bundesnaturschutzgesetz und den diesbezüglichen Regelungen in den Bundesländern. Dies muss bei der Festlegung von Maßnahmen berücksichtigt werden.
Sollten keine Maßnahmen erforderlich sein, ist dies zum Ausdruck zu bringen.
 

Ort, Datum

Unterschrift   Stempel, bei ö.b.v. Sachverständigen das Siegel

(Hinweis: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige müssen sämtliche Stellungnahmen die in ihr Fachgebiet fallen siegeln.)

Literaturangaben
 

Das ganze haben wir Ihnen auch nochmal als Download zusammen gestellt.